Sammlung Tedesko
Album kuratiert von: Sammlungskurator*innen
Josef Franks Einrichtung der Wohnung von Carl und Hedwig Tedesko:
Das erste Interieur des Architekten Josef Frank war die 1910 für seine Schwester Hedwig und ihren Ehemann Carl Tedesko eingerichtete Wohnung auf der Landstraßer Hauptstraße 5 im 3. Wiener Gemeindebezirk. Frank brach in diesem Innenraum radikal mit dem Konzept der Gesamtkunstwerk-Inszenierung, wie es im Umfeld von Secession und Wiener Werkstätte vertraten wurde. Stattdessen schuf er freistehende Einzelmöbel, die zum Teil einen sehr individuellen Charakter besitzen. Sie zeigen nicht nur spezielle Oberflächen – etwa stark gemasertes Holzfurnier oder aufwendige Einlegearbeiten –, sondern auch heterogene stilistische Ursprünge: Es manifestieren sich Einflüsse aus der italienischen Renaissance, dem französischen Neoklassizismus und von englischen Vorbildern ebenso wie Motive der Volkskunst, des österreichischen Biedermeier und der Wiener Moderne. Die Tedesko-Wohnung nimmt damit viele Gedanken von Franks späterem Schaffen vorweg. Sein Interesse für historische Formen trifft sich bereits hier mit der pragmatischen Auffassung, dass ein Interieur im Laufe des Lebens nach Bedarf wachsen solle und am besten so wirke, „als sei es durch Zufall entstanden“, – eine Haltung, die in der 1927 geäußerten Ansicht gipfelte: „Man kann alles verwenden, was man verwenden kann.“ Diese Haltung, die den Bewohner*innen die Verwendung des eigenen Hausrats bis hin zu Kitsch und Trivialitäten zugestand, lässt uns Frank heute als einen wichtigen Vertreter einer humanen modernen Architektur erscheinen.
Dem MAK wurde die Einrichtung der Wohnung Tedesko, die sich in Schweizer Privatbesitz nahezu geschlossen erhalten hatte, 2014 von der schwedischen Kjell och Märta Beijers Stiftelse geschenkt. Neben der originalen von Frank selbst entworfenen Möblierung enthält sie eine Vielzahl von persönlichen Gegenständen des Ehepaars Tedesko, darunter Besteck, Geschirr und diverse Textilien sowie Bilder, asiatische Porzellangefäße und einige spätere Möbel von Josef Frank. (Sebastian Hackenschmidt, 2024)