Das Narrenschiff von Sebastian Brant
Album kuratiert von: Kathrin Pokorny-Nagel
Das Narrenschiff ist eine Moralsatire, die erstmals 1494 vom Humanisten Sebastian Brant und dem Basler Verleger Johann Bergmann von Olpe veröffentlicht wurde. Das Werk, in dem vermutlich auch Albrecht Dürer mitwirkte, besteht aus 112 Kapiteln und beschreibt 109 verschiedene „Narren“, die jeweils für eine spezifische menschliche Schwäche oder Verfehlung stehen. Die Narren befinden sich auf einem Schiff, das Kurs auf das fiktive Land „Narragonien“ nimmt, ein Symbol für das Ziel der Satire: den Lesern ihre Laster und moralischen Fehler aufzuzeigen und sie zu einer besseren Lebensführung zu ermahnen. Brant verwendet die Metapher des Narrenschiffs, um zu verdeutlichen, dass alle Menschen in irgendeiner Form Narren sind. Diese Narren sind keine Außenseiter, sondern repräsentieren typisierte Schwächen, die in der Gesellschaft weit verbreitet sind – von der Selbstgefälligkeit über die Spielsucht bis hin zu Narzissmus und Lasterhaftigkeit.
Kapitel 2, “Von guten Räten”, Zwei Narren mühen sich ab, ein Schwein mit Stöcken in einen Kessel zu heben.
Das Narrenschiff ist ein Paradebeispiel für Intermedialität und nutzt die neuen Möglichkeiten des Buchdrucks mit 114 Holzschnitten, die das Werk illustrieren. Jeder Narren-Typ wird mit einem Spruchgedicht, einem Holzschnitt und einem Motto vorgestellt. Diese Verbindung von Text und Bild macht das Werk zu einem frühen Vorläufer der Emblematik. Die Holzschnitte, deren Gestaltung teilweise dem zu dieser Zeit in Basel lebenden Albrecht Dürer zugeschrieben wird, tragen wesentlich zur Wirkung des Buches bei. Brant betont in seinem Werk, dass die Erkenntnis der eigenen Narrheit der erste Schritt zur moralischen Besserung sei, und zeigt mit seinem Werk eine humorvolle, aber tiefgründige Auseinandersetzung mit den menschlichen Schwächen seiner Zeit.
Die digitale Vollversion des Narrenschiffs aus der MAK Sammlung
Das Narrenschiff in der MAK Sammlung Online
Zur Vertiefung in das Thema sei auf das Projekt “Narragonien digital” verwiesen, das insgesamt zwölf deutsche, niederdeutsche, lateinische, niederländische und französische “Narrenschiff”-Ausgaben, die vor 1500 im Druck erschienen sind, als Digitalisat, Transkription und Lesetext verfügbar macht und editorisch als Lesetext sowie in synoptischer Ansicht erschließt.